Monday, September 25, 2006

8. Thrombose, die dritte

Kim macht’s sich selbst, André hat’s wenigstens versucht, nun ist Janinchen dran. Jammernd klammert sie sich an der Spritze fest und nähert sie der zusammengepressten Speckschicht ihres Oberschenkels. Piekst an. Schreckt zurück. Erneut. Es geht nicht. Das kann der junge Herr Sachsen-Pfleger nicht sehen. „Komm, wir machen das zusammen,“ umschließt ihre Hand mit der seinen und drückt sie nach unten. Janine zieht mit aller Gewalt nach oben. Pfleger erhöht den Druck, nähert sich dem Fleisch. Janine windet sich, zieht Pflegers Hand nach oben, hoch und runter, wie Armdrücken, wer ist stärker!?
Der Pfleger gibt auf. „Du musst schon lockerlassen!“
Er lässt sie los, nimmt ihren inneren Schweinehund mit und in Zeitlupe sticht sie die 2 cm in die Hautfalte hinein. Geschafft.
Morgen wollen die drei eine neue Methode ausprobieren. Thrombose Spritze aus freiem Fall. Danach wird Dart gespielt. Unklar ist, welcher Oberschenkel die Zielscheibe abgibt. Vielleicht wird der Plan zurate gezogen.

7. Gymnastik nach Plan

Planmäßig bekommt jeder Patient Krankengymnastik. Bei Kim fing alles an. Sie bekam ihre Übungen gesagt, durfte lernen, wie man mit Krücken Treppen steigt und wurde dann erst mal vergessen. Dafür wurde Janine umso mehr getriezt. Sie bekam Doppelpack, wurde auf offenener Treppe ausgeschimpft, und musste sich aufmunternde Mit-Patienten Sprüche anhören. Der Opi im Rollstuhl: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ Ein prolliger Fußballer mit Krücken: „Also Treppen steigen musst du hinkriegen.“ Da griff selbst die resolute Judith ein und erklärte den beiden die Hindernisse eines 800 g schweren Metallgestänges, was durch Janines Unterschenkel spießt.
Daphnes Krankengymnastik bestand in einer einzelnen Krücke, mit der sie gehen üben könne. Alleine versteht sich. Die KG’s haben ja so viel zu tun. Keine Zeit. Immer Hektik auf dem Gang.
Kim ist neidisch, weil Janine so viel Krankengymnastik bekommt und ihr Rücken unglaublich weh tut. Lieblingsstationsarzt hat’s bereits zweimal in den Plan aufgenommen aber die Brieftaube muss unterwegs in einer Bratpfanne gelandet sein, bisher zeichnet sich die KG durch Unsichtbarkeit aus. Unter der Hand erfährt Kim, dass sie „zu gut“ sei, da könne man sich „wichtigeren“ Patienten widmen. Aha! Sehr unpassend und unplanmäßig dazu fiel der schmachtende Satz einer KG-lerin: „Ach wissen Sie, Herr Doktor Lieblingsstationsarzt, ich würde ja soooo gerne mal bei einer OP dabei sein, ginge das, wir haben hier ja soooo viel Zeit …!“
Kim kocht. Wo bleibt der Plan? Auf dem Gang schnappt sie sich Kaja, findet das lautstark unfair und darf zur Belohnung an der Kletterwand im Krankengymnastik Zimmer kraxeln!
Hauptsache: 20 Kg Belastung auf dem geschlachteten Bein.
Klasse Plan!

6. Alles läuft nach Plan

Kim ist beunruhigt, weil unklar ist, ob der Motor an ihrem Implantat funktioniert. Jeden Tag wird mit zufällig oder nicht zufällig anwesenden Ärzten gestritten, ob man zur Sicherheit röntgen soll. Der Knochen soll durchleuchtet werden, das Röntgen wird vergessen, jeden Tag ein neues Drama. Der Lieblinsstationsarzt setzt dem Hin und Her ein Ende: „Geröngt wird nur nach Plan!“
Fragt sich, nach welchem…
Doktor Manner verspricht Klärung am Montag, so könne übers Wochenende noch mal ordentlich Gas gegeben werden und das Ergebnis endlich in mm anstatt Mikrometern gemessen werden. Kim ungeduldet sich also das ganze Wochenende. Montag früh verkündet Dr. Lieblingsstationsarzt, frisch erholt von der Wochenend-Skitour, dass „nach Plan“ am Mittwoch Röntgen angesetzt ist. Grrrrr. Wo kann man nur diesen Plan einsehen?
Gott, der Erfinder des Knochenmarknagels besteht ebenfalls auf dem Plan. Sonntag Abend auf der Treppe bestand dieser Plan in einem Röntgenbild am Montag.
Hauptsache alles läuft nach Plan.
Kim sollte am 23.01.02 in die Rehaklinik entlassen werden. Daraus wurde der 30.01, weil der Herr Kaiser (nein, nicht der freundliche Herr von der Versicherung, sondern der unwirsche vom Sozialdienst) die Anmeldung verschlampt hatte.
Ein schöner Plan. Daphne könnte nach den Messwerten ihres HB am Montag bereits das Weite suchen. So wollte es der Plan am Freitag.
Dieser Plan scheint ein ganz gewiefter Kobold zu sein, der sich wie der Formwandler aus dem Raumschiff Voyager schnellstens den gegebenen Umständen entsprechend verändert.