Monday, September 18, 2006

5. Des Klump funktioniert nicht

So sah der Knochen mal aus

Die Email aus der winzigen Studenten Mediothek an der Ludwig-Maximilian-Uniklinik erreichte alle: Juchee, bereits 2,5 mm verlängert!

Drei Tage vor dieser frohen Botschaft ereignete sich folgendes:

Kim weiss nun, woran sie das Motorgeräusch des Verlängerungsmarknagels erinnert: Ein auf einer Schiene entgleister Märklin Eisenbahnzug.
Gefällt ihr gar nicht. Sie fragt den niedlichen Lieblingsstationsarzt ob es ok sei, wenn es „zzzzzzt, örrgh“ mache. Er lacht niedlich.
- „zzzzzzt, örrgh? Nein-nein, eher „sssssssss“.
- Ups.
- Ok, ich hör mir das mal an.
Er horcht mit seinem eigenen Stethoskop an Kims Knochen, drückt das gelbe Knöpfchen, grinst und bricht in heiteres Gelächter aus.

“Stimmt, aber eher ein sssssssth, ääääääärkh… Hier willst du auch mal horchen!?“
Der Arzt im praktischen Jahr übernimmt konzentriert, verzieht keine Miene, er scheint gar nichts zu hören. Dann macht er „krrrrrrrsschhhhh“.

- Oh! Und!? Kim ist sehr verunsichert.
“Der hat keine Ahnung, der hört das zum ersten Mal. Aber es klingt tatsächlich komisch, wir werden das auf dem Röntgenbild besser sehen.“

Auf dem Röntgenbild sah man rein gar nichts. Janine meinte irgendwo ein schwarzes Fitzelchen zu sehen, was auf der allerersten Aufnahme noch nicht vorhanden war. Aber eine Lücke von 3 mm zwischen den Knochenenden entsprechend der Gleichung 1mm/Tag*3 Tage Anwendung=3 mm Verlängerung nach drei Tagen!?
Kim fragt eine Schwester, diese druckst, gibt dann zu, nix zu sehen. Man sah nix. Wenns nicht funktioniert muss der Verlängerungsmarknagel ausgetauscht werden. Neue Op, bitte wieder von Anfang an lesen…

Kim zog los, sie krückte ziellos durch München und begegnete prompt den Schwestern Herz Jesu. War das nun ein schlechter Witz oder Fügung?
“Dürfen wir Ihnen von Gottes Stimme erzählen?“
„Von dieser Stimme könnte ich jetzt ne gute Antwort gebrauchen. Ich bin aus dem Krankenhaus ausgebüchst und wenn ich Pech habe, wird es mir morgen richtig mies gehen!“

Die Frauen schweigen betroffen. Dann wiederholen sie ihren Eingangssatz und fügen hinzu: „Dürfen wir sie noch was fragen?“
“Hm, es ist ja schon lustig, ausgerechnet in diesem Moment die Schwestern vom Herzen Jesu zu treffen. Wenn ich zuhöre, muss ich dann in eine Sekte eintreten?“
Sehr betroffenes Schweigen.
„Nein, wir wollen Ihnen nur eine Botschaft überbringen!“
„Soso. Gehören Sie zu dieser Kirche dahinten?“

„??? Äh, nein, wir verkünden nur den Menschen die Botschaft der Propheten.“
Kim beendete das Gespräch, nahm dankend ein Prospektchen an und balancierte an ihren Gehhilfen durch Schneeregen sehr nachdenklich zurück ins Krankenhaus.
Dort wartete bereits Professor Manner und versuchte sie davon zu überzeugen, dass der Nagel auseinanderfahre.

“Man sieht aber nix.“
„Doch-doch, schauen sie!“
„Da ist nix.“
“Also, ich erkläre ihnen das jetzt ein einziges Mal, ja!? Hören sie gut zu …“ Er erklärte das Fitzelchen auf dem jüngst geknipsten Röntgenbild zum eindeutigen Beweis dass der Nagel auseinanderfahre.
„Er fährt immer auseinander! Sie wissen das doch, Frau Dorchert!“

Als Professor Manner draußen ist, erzählt Frau Dorchert, dass ihr Nagel damals vor zehn Jahren nicht funktionierte und in weiteren Operationen noch zweimal ausgetauscht werden musste. Kim will an das Fitzelchen glauben. Und möglichst bald ein neues Röntgenbild sehen.

Sie muss nur die Ungeduld überwinden und ihre Frohnatur auspacken, dann wird alles gut.

Und dass sich die Geduld gelohnt hat, kann man hier sehen.
Mit Stolz konnte Kim jede Woche ein neues Bild in ihrem Zimmer an die Wand hängen!
Nicht alle Freunde fanden das cool, die Zartbeseiteten rannten erschrocken rückwärts zur Türe hinaus ...

Zwischenstand - jede Woche ein wenig länger