Monday, September 04, 2006

3. Wozu Schmerzen ertragen, wenn am Ende doch die Bettpfanne droht!?

(...) Mit der linken Hand zieht sie sich am Bettgalgen hoch, in der rechten hält sie das Telefon, vor ihrem Gesicht baumelt das Betäubungsgerät und ums Bett herum stehen Pfleger, Chirurg und die Anästhesistin. Letztere beendete das Drama kurzerhand mit einer opiumhaltigen Infusion und schickt Kim für ein paar wohlige Stunden ins Reich der Träume.
Irgendwann mischt sich eine zum Zerreißen gespannte Blase ins Unterbewusstsein, Kim erwacht und stellt fröhlich fest, dass sie ihr gesundes Bein wieder bewegen kann.

Die Schmerzen sind opiumgetränkt, nichts hindert daran, sich aus dem Bett zu schwingen und auf den Weg zur Toilette am anderen Ende des Gangs zu begeben.
Einen Tag nach der OP. Sandra konnte das auch.
Daher soll der Pfleger seine olle Bettpfanne gleich wieder mitnehmen, kommt gar nicht in Frage, auf einer Schüssel hocken, das geht nicht, Kim faselt von Blockade, das hatte ihr Sandra beigebracht.

„Trauen sie sich den Gang zur Toilette wirklich zu? Immerhin war ihr Bein bis vor zwei Stunden noch taub und gelähmt!?“ miesmachte der gerade frisch eingestellte blutjunge Pfleger.
„Wir könnten sie doch auf diesen Klostuhl hier setzten…“

Bitte !?

Ein Stuhl mit einem Loch in der Mitte, da hocke ich dann mitten im Zimmer? Und dafür habe ich das Betäubungsgerät ausgeschaltet und Höllenqualen ertragen!?
No way, denkt Kim. "Blockade" ruft sie aus.

Gegen den Gang spricht die Beschaffenheit des Rollstuhls, weil der keine Beinablage hat, so dass der Pfleger gezwungenermaßen Kims Bein in gestreckter Position halten muss. Schliesslich kann sie es noch nicht so lange anheben. Kurz nach der Op.
Mit einer Hand am Bein, mit der anderen den Stuhl schiebend bugsiert Herr Pfleger die Patientin in gebückter Haltung zwischen den zwei Betten Richtung Ausgang. Dabei wirft er sämtliche Krücken und Stühle im beengten Zimmer um und tritt rückwärts gegen die Tür um sie zu öffnen.
“Oh je, ich glaube, mir geht die Kraft aus“ jammerte Kim „ich kann das Bein nicht mehr halten“
„Aber das sollen sie ja gar nicht, ich merke schon, dass sie ihre Muskeln spannen, ihr Bein wiegt ja gar nichts“ gibt der gebeutelte Pfleger in gebückter Haltung zurück. „Lassen sie locker, vertrauen sie mir!“
Kim spannt noch mehr an.
O Gott, jetzt geht es um die Kurve zur Toilettentür, der Rollstuhl passt gerade mal rein und steckt sofort fest. Der Pfleger managt unter Einsatz sämtlicher Körperextremitäten einschließlich Kinn und Zehen das Zuziehen der Toilettenkabine.

“Ich gehe jetzt nach draußen, entspanne mich einen Moment, bis sie fertig sind. Dann hole ich sie wieder und wenn sie heute Nacht noch mal müssen, dann nehmen sie die Bettpfanne!“