Friday, September 01, 2006

1. Die Flughafenbekanntschaft

Wenn sie nur endlich an ihren Rucksack drankäme. Obwohl sie brav dem Schild „Gepäckausgabe“ folgt, sieht sie bereits zum dritten mal, wie ihr Rucksack hinter der Glascheibe im Kreis herum fährt!
Sie muss lachen, als ihr die Meute aus dem Flugzeug mit ärgerlichem Blick wiederholt entgegenkommt. Am besten erst mal hier im Gang bleiben und beobachten, wer aus welcher Richtung hinter dem Fenster auftaucht.
„Hei, du weißt wie man zur Gepäckausgabe kommt?“ Kai kam aus der entgegengesetzten Richtung, er war einer anderen planlosen Meute hinterhergelaufen.
„Noch nicht, aber warte einen Moment!“
Er stellt sich neben Kim und gemeinsam beobachten sie die inzwischen wütenden Menschen. Wie sie im Gang auf und ablaufen, sich die Nase platt an der Scheibe drücken und immer wieder auf ein teures Samsung Schalenköfferchen deuteten: „ Schnell, Herbert, unser Koffer, verdammt, wo geht es denn hinein, der Koffer fährt ja wieder weg!“
Eine halbe Stunde später fahren Kim und Kai in die Berge.
Um 16 Uhr sollte sie im Krankenhaus sein, hatte keine Verabredung und keineen Drang so kurz vor ihrem neuen Leben mit alten Bekannten zu reden.
„Was machst du jetzt, hast du Zeit und Lust mit mir einen Kaffe zu trinken?“ überrumpelt sie daher kurzerhand den eben kennengelernten Kai.
„Äh, Ja! Gerne… ich werde abgeholt, wir müssten kurz in der Sturmkaserne vorbei“.
Die Sturmkaserne ist tatsächlich ein Bundeswehrbau, denn Kai ist Offizier bei der Luft und Raumfahrt Division. Urgs. Kims glaubt das nicht, sie piesakt den Soldaten mit pazifistischen Aussagen und Fragen über das Theaterspiel Bundeswehr.
Kai ist sehr spontan, er findet es auch nicht peinlich vor seinem Vorgesetzten eine steife Haltung einzunehmen oder ein albernes blaues Käppi (genannt Schiffchen) auf dem Kopf zu balancieren. Er schlägt einfach einen Ausflug in die Berge vor.
Wo kann man sich besser auf eine Operation vorbereiten als am Wendelstein, einer Schneeschönheit, die für 17 Euro zu haben ist? Am Spitzingensee, der nämlich nix kostet aber einen Rundweg im knietiefen Schnee sowie die urige „Wurzhüttn“ mit Haxn und Weißbier bietet.
Eine Stunde vor ihrer Anreise auf den Zauberberg stopft sie sich also mit Bauchspeck, Haxn und Wildschwammerl Suppe voll. Danach albern die beiden eine Weile im weißen Pulver herum, zappeln „Engelchen“ in den Schnee und schließlich bringt Kai, vollendeter Gentelmn, das völlig ruhige Mädchen in die Klinik.
Ist ja auch nix dabei. Sich mal eben schnell für 6 Monate an Krücken zu begeben.
Kim bezieht ihr Bett neben Sandra. Nach der Arzt-Visite gehen sie erst mal zu Mac Donalds um die Ecke und danach ins Kino.
Was für ein Tag. Sollen die mich doch operieren, mir kann nichts passieren, denkt Kim, als sie ihrem Inneren Lächeln eine Gute Nacht wünscht. Das Lächeln platzt und wird ein zufriedenes Lachen, während sie einschlummernd den Tag Revue passieren lässt.

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